ip/RVR) Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Immobilienmakler nicht befugt seien, Gläubiger als Beteiligte im Sinne von § 9 ZVG in einem Zwangsversteigerungsverfahren zu vertreten; diese als Bieter zu vertreten bliebe ihnen jedoch unbenommen.

Zwei Rechtsanwälte hatten gegen eine Immobilienmaklerin auf Unterlassung geklagt, die Übernahme von Terminsvertretungen von Gläubigern im Zwangsversteigerungsverfahren anzubieten. Nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetztes am 01. Juli 2008 sei in diesem Angebot ein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß gegen § 79 Abs. 2 ZPO zu erblicken, denn Immobilienmakler erfüllten auch nicht die in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 ZPO genannten Kriterien.

Die Beklagte hingegen meinte, bei einem Zwangsversteigerungsverfahren handle es sich nicht um einen Parteiprozess im Sinne von § 79 ZPO. Außerdem rügte sie eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Beklagte blieb mit ihren Rechtsmitteln hiergegen erfolglos.

Die Instanzgerichte hätten zu Recht einen Unterlassungsanspruch der Rechtsanwälte angenommen, welcher sich aus §§ 8 Abs. 1 und 3, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 79 Abs. 2 ZPO ergebe.

Entgegen der Revision handle es sich bei dem Zwangsversteigerungsverfahren um einen Parteiprozess im Sinne von § 79 ZPO. Das Verfahren sei eine spezielle Art der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, die im 2. Abschnitt 8. Buch ZPO behandelt wird. Soweit das ZVG keine besonderen Regeln bereithält, bliebe es bei der sinngemäßen Geltung der allgemeinen prozessualen Regelungen der §§ 1 – 252 ZPO. Da das ZVG keine Regelungen zur Terminsvertretung enthält, scheide die Anwendung von § 79 ZPO nicht aus. Demgegenüber sei die Tatsache, dass der Begriff „Partei“ weder im 2. Abschnitt 8. Buch ZPO noch im ZVG erwähnt wird, für die systematische Zuordnung nicht entscheidend.

Da Schuldner und Gläubiger zwangsläufig gegenteilige Interessen vertreten, komme es zwischen beiden regelmäßig zu einem kontradiktorischen Verfahren, was ebenfalls für eine Einstufung als „Parteiprozess“ spräche.

Eine Trennung zwischen dem Versteigerungstermin einerseits und der mündlichen Verhandlung sowie der Entscheidung über Anträge andererseits dahingehend, einem Immobilienmakler wenigstens die Vertretung im Versteigerungstermin zuzulassen, sei nicht geboten. Nach den Gesetzesmaterialien zum Rechtsdienstleistungsgesetzt solle die Zulässigkeit der Prozessvertretung einheitlich für das gesamte Verfahren geregelt werden, sowie die vorher durch § 157 ZPO bewirkte Trennung zwischen außerhalb der Verhandlung und der Vertretung im Termin gerade aufgehoben werden. Zudem sei speziell der Versteigerungstermin von den gegenläufigen Interessen geprägt. „Eine sachgerechte Wahrnehmung der Interessen eines Gläubigers im Zwangsversteigerungstermin erfordert daher eine erschöpfende Beratung des Mandanten, die gerade auch umfassende materielle und formelle Rechtskenntnisse voraussetzt“ (Rz. 24 der Entscheidung).
Die Regelung des § 79 Abs. 2 ZPO verstoße auch nicht gegen die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Zwar sei der Schutzbereich von Art. 12 GG eröffnet. Die Regelung des § 79 Abs. 2 ZPO verfolge aber mit Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der Partei im gerichtlichen Verfahren und der Ordnung des Prozesses legitime Zwecke. Die Beschränkung sei auch geeignet und angemessen. Schließlich sei das Mittel auch angemessen: „Das Verbot der Vertretung von Gläubigern als Beteiligte im Sinne von § 9 ZVG in Zwangsversteigerungsterminen stellt schon keinen erheblichen Eingriff in den Kernbereich der Maklertätigkeit dar. Demgegenüber sind die mit § 79 Abs. 2 ZPO verfolgten Interessen des Gemeinwohls - insbesondere mit Blick auf den Schutz der rechtsuchenden Bevölkerung - derart gewichtig, dass sie die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit zu begründen vermögen“ (Rz. 40 der Entscheidung).

Art. 3 Abs. 1 GG sei deshalb nicht verletzt, weil eine sachgerechte Differenzierung nach Maßgabe der unterschiedlichen Berufsbilder erforderlich und im Hinblick auf die beschränkte Vertretungsbefugnis von Inkassounternehmen zu bejahen sei. Die Vertretung des Gläubigers im Zwangsversteigerungstermin erfordere umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Kenntnisse. Demgegenüber handle es sich bei den erlaubten Tätigkeiten der Inkassounternehmen um weitgehend automatisierte Tätigkeiten, die keine besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse eines Rechtsanwalts erforderten.

Ausdrücklich unberührt bleiben die Rechte von Immobilienmaklern, als Vertreter von Bietern im Verfahren aufzutreten. Bieter zählten nicht zu den Beteiligten im Sinne von § 9 ZVG.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH vom 20.01.2011, Az. I ZR 122/09


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