Zu Versteigerungsausgebot und Zuschlag
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(ip/RVR) In seinem Beschluss vom 01.12.2011 äußerte sich der V. Zivilsenat des BGH zu Modalitäten des Ausgebots und Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren, wenn ein als Altenteil eingetragenes Recht nach § 9 Abs. 1 EGZVG fortbesteht und eine Beeinträchtigung eines vor- oder gleichrangigen Gläubigers fraglich ist.
Der Entscheidung lag diese Konstellation zugrunde: Das Vollstreckungsgericht ordnete auf Antrag der beitreibenden Grundschuldgläubigerin die Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts der Schuldnerin an. Im Versteigerungstermin erfolgte der Hinweis, für mehrere Beteiligte sei ein dingliches Wohnungsrecht an dem Erbbaurecht eingetragen und dass dieses außerhalb des geringsten Gebots nach Art. 30 BayAGGVG bestehen bliebe. Die Gläubigerin beantragte, das Erlöschen dieses Rechts nach § 9 Abs. 2 EGZVG zu bestimmen. Das Ausgebot erfolgte darauf gleichzeitig unter der Bedingung des Bestehenbleibens des Rechts als auch dessen Erlöschens. Es erfolgte ein Zuschlag an den Meistbietenden bei Erlöschen des Wohnrechts; Gebote unter dessen Bestehenbleiben ergingen nicht. Hiergegen wandten sich die Inhaber des Wohnrechts erfolglos mit der sofortigen Beschwerde. Auch die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb erfolglos. Nach dem BGH war der Zuschlag weder nach § 83 Nr. 1 ZVG noch nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen gewesen.
Zum ersten sei das Ausgebot nicht zu beanstanden gewesen, da es doppelt erfolgen durfte. Ob das Wohnungsrecht als Teil eines Altenrechts eingetragen wurde, sei zweifelhaft. Nach § 9 Abs. 2 EGZVG sei die Gläubigerin berechtigt gewesen, das Erlöschen des Wohnrechts als Versteigerungsbedingung zu bestimmen, wenn ihre vorrangigen Rechte bei Fortbestehen des Wohnungsrechts beeinträchtigt worden seien, was wiederum nicht sicher gewesen sei. Dann habe entsprechend § 59 Abs. 2 ZVG ein doppeltes Ausgebot zu erfolgen.
Wie dieses Ausgebot auszusehen habe, sei umstritten. Nach einer Meinung müssten die Ausgebote nacheinander erfolgen, erst unter Fortbestand des Wohnungsrechts und sodann unter dessen Erlöschen. Nach anderer Ansicht sei das Grundstück (bzw. das Erbbaurecht) gleichzeitig zu den gesetzlichen Bedingungen des § 9 Abs. 1 EGZVG und den abweichenden Bedingungen des § 9 Abs. 2 EGZVG auszubieten. Der V. Senat entschied sich für die zweite Variante.
Dagegen spräche zwar der Wortlaut des § 9 EGZVG; die Notwendigkeit des Doppelausgebots ergebe sich indessen nicht allein aus dessen Abs. 2, sondern aus entsprechender Anwendung von § 59 Abs. 2 ZVG, der das für eine vergleichbare Lage vorsähe und ein Doppelausgebot zuließe. Zudem spräche die Gesetzgebungsgeschichte und Systematik für dieses Verständnis: § 9 EGZVG lehne sich an § 59 Abs. 2 ZVG an und sei ursprünglich enger gefasst gewesen. Lediglich Vereinfachungsüberlegungen hätten zur heutigen Form geführt. Auch stünde der Schutzzweck des § 9 Abs. 1 EGZVG nicht entgegen: die Norm wolle dem Altenteiler lediglich die Chance verschaffen, den Verlust seines Wohnrechts zu vermeiden, wenn der Gläubiger keinen Erlöschensantrag stellt oder wenn zu den gesetzlichen Bedingungen ein den Gläubiger zufriedenstellendes Gebot abgegeben wird.
Zum zweiten sei der Zuschlag nicht deshalb zu versagen gewesen, weil das Gericht seine Hinweispflicht verletzt hätte. Bei der Frage, welche Gebote bei der Prüfung einer Gläubigerbeeinträchtigung nach § 9 Abs. 2 EGZVG zu berücksichtigen sind, komme es allein darauf an, in welchem Umfang der Gläubiger mit seinen Rechten ausfällt. Danach entscheide allein die zahlenmäßige Höhe des Gebots, weil bei einem Ausgebot mit Bestehenbleiben des Wohnrechts weniger Erlös erzielbar sei, als auf ein Gebot ohne dieses Recht.
Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:
BGH vom 01.12.2011, Az. V ZB 186/11
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